Was kostet Odoo?

Einschätzung zum Ressourcen-Investment

Die Entscheidung zur Einführung oder Ablösung eines ERP-Systems ist in vielen Fällen strategisch entscheidend und stellt neben den vielen Vorteilen, die mit Prozessverbesserungen und Effizienzsteigerungen einhergehen, auch ein kostentechnisches Risiko für die Organisation dar. 

Mit diesem Beitrag möchten wir einen Überblick zu den Kosten bieten, mit denen kalkuliert werden muss. Wichtig zu wissen ist aber, dass jedes Projekt einzigartig ist und je nachdem auch zusätzliche Ressourcen notwendig werden können, die in diesem Beitrag nicht behandelt werden. 

Die Kosten hängen dabei unter anderem von folgenden Faktoren ab:

  • Unternehmensgröße und Anzahl der User:innen
  • Anzahl der benötigten Lizenzen
  • Gewählte Hosting-Variante (on-premise oder Cloud)
  • Individualisierungsgrad
  • Branche

Die Kosten, die im Zuge dessen anfallen, können unterschiedlich klassifiziert bzw. eingeordnet werden: 

  • einmalige / laufende (wiederkehrende) Kosten
  • interne / externe Kosten
  • verschiedene Kostenart (Beratung, Entwicklung etc.)

Zu beachten ist hier, dass im Projektverlauf - insbesondere, wenn dieses in Phasen durchgeführt wird - auch wiederholt einmalige Kosten anfallen können, die Vorgänge sind in sich dann aber abgeschlossen. Eine Mehrphasenumsetzung empfiehlt sich bei größeren Projekten mit klar abgrenzbaren, priorisierbaren Scopes. 

Um diese Aufwandsindikation besonders anschaulich zu machen, haben wir ein fiktives Beispiel herangezogen, an dem sich die folgenden Aussagen orientieren: 

  • Branche: Handel
  • Anzahl Mitarbeiter:innen: ca. 20
  • Spezialanforderungen: keine

Vorprojekt

Das Vorprojekt ist eine der wichtigsten Phasen in Vorbereitung auf die Einführung eines ERP-Systems. In ihr werden der Umfang des Projektes festgelegt, eine Ist-Systemanalyse durchgeführt, Stakeholder definiert, Anforderungen gesammelt und ein Fahrplan durch das Projekt erstellt. Nur durch ein sauber durchgeführtes Vorprojekt können Fallstricke in der Implementierung frühzeitig festgestellt und Kostentreiber vorab besprochen bzw. eliminiert werden.

Wir kalkulieren ein Vorprojekt im Regelfall mit 3 Personentagen für Vor- und Nachbereitung plus 0,75 Personentagen je Ansprechpartner:in, die bzw. der für die Abbildung der Prozesse in Odoo befragt wird.

Implementierung

Die tatsächlichen Kosten für eine Implementierung ergeben sich aus verschiedenen Aufwandstypen:

  • Konzeptions- und Beratungsaufwand
  • Datenmigrationsaufwand
  • Konfigurationsaufwand
  • Prozess-Testing
  • Schulungsaufwand
  • Projektmanagement-Aufwand
  • Go-Live-Begleitung

Insbesondere der Aufwand für Datenmigration darf keinesfalls unterschätzt werden. Oft stehen Daten nicht strukturiert zur Verfügung und/oder müssen intensiv bearbeitet werden, um in der Odoo-Infrastruktur optimal genutzt werden zu können. Odoo selbst kalkuliert bspw. 50 Stunden Zusatzaufwand, wenn ein Handelsunternehmen zum Beispiel die über E-Commerce verkauften Produkte durch Odoo importieren lassen möchte (siehe hier).

Den Aufwand für ein Implementierungsprojekt vorab und ohne die entsprechenden Informationen seriös einzuschätzen, ist aufgrund der vielen entscheidenden Parameter sehr schwierig. Unsere Erfahrung aus vorhergehenden Projekten hat jedoch gezeigt, dass sich die Implementierungskosten bei einem KMU, wie unserem Handelsunternehmen, bei circa 5.000 - 6.000 Euro pro ERP-Arbeitsplatz bewegen.

Individualisierungsgrad

Unsere Herangehensweise an Umsetzungsprojekte sieht im ersten Schritt vor, so nahe wie möglich am Odoo-Standard zu bleiben.  Dies zu beachten, erhöht die Wartbarkeit des Systems drastisch. 

In ausgewählten Fällen sind Individualisierungen jedoch notwendig und sinnvoll. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sie ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens unterstützen oder Prozessverbesserung in einem Kernprozess ermöglichen.

Der Entwicklungsaufwand für Individualisierungen ergibt sich grundsätzlich aus folgenden Elementen:

  • technische Konzeption
  • Coding
  • Testing
  • Dokumentation
  • Deployment
  • (Wartung und Support - siehe unten)

In der Praxis hat es sich bewährt, nicht-go-live-kritische Individualisierungen nach hinten zu priorisieren und erst nach einem ersten Go-Live anzugehen. Einige ursprünglich als wichtig erachtete Eingriffe werden im Nachgang mit mehr Odoo-Erfahrung als obsolet betrachtet. 

Lizenzen

Odoo-Lizenzen (Enterprise)

Seit 2022 gibt es bei Odoo ein neues, vereinfachtes Pricing-Modell nach welchem die Lizensierung je User erfolgt. Zudem wird zwischen Pricing-Plan "Standard" und "Custom" unterschieden. Mehr dazu gibt es hier.

Der Standard-Pricing-Plan ist beschränkt auf eine Nutzung von Odoo komplett ohne Customizing (das bedeutet auch ohne SUPPLiot-Module), was bei der Entscheidung wichtig zu wissen ist. 

Die Praxis zeigt, dass für die meisten KMU der Custom-Plan notwendig wird. Pro User kostet der Custom-Plan bei jährlicher Abrechnung (Stand 04/2023) EUR 37,40 / Monat (im ersten Jahr nur: EUR 29,90).

Odoo In-App-Purchase 

Zusätzlich bietet Odoo spezifische Funktionen des Systems mittels "In-App-Purchase" an. Beispiele für diese In-App-Services sind:

  • Postversand über einen externen Dienstleister ("Odoo Snailmail")
  • SMS-Versand
  • automatische Texterkennung bei Eingangsrechnungen ("Odoo OCR")

Diese Services werden je "Transaktion" abgerechnet und können in Paketen zugekauft werden. Eine Übersicht über die verfügbaren Odoo In-App-Services finden Sie hier.

SUPPLiot-Apps

Für zentrale Anforderungen, die immer wieder - insbesondere in der Praxis österreichischer Unternehmen - aufkommen, haben wir bei SUPPLiot für unsere Kund:innen mittlerweile gesonderte Standard-Module für Odoo geschaffen, die wir stetig weiterentwickeln. 

Eine Übersicht unserer Apps und Lösungen gibt es hier. Zu den wichtigsten zählen:

  • ein Schnittstellenmodul zur in Österreich weit verbreiteten Finanzbuchhaltungssoftware "BMD"
  • ein Modul zur Abbildung der Registrierkassenverordnung im Odoo-Kassensystem
  • branchenspezifische Module: 
    • Odoo 4 medical
    • Odoo 4 logistics
Drittanbieter-Apps

In einzelnen Fällen kann es sinnvoll sein, dass Module oder Services von Drittanbietern (u. a. aus dem Odoo App Storezugekauft werden, um Funktionalitäten bereitzustellen. 

Der Odoo-App-Store wirbt mit fast 40.000 zusätzlichen Modulen, die von verschiedenen Drittanbietern weltweit erstellt und angeboten werden. Unbedingt zu beachten ist allerdings, dass die Qualität der angebotenen Module stark variiert. Durch unsere mehrjährige Erfahrung können wir in vielen Fällen im Rahmen des Analyseworkshops bereits vorab eine Einschätzung zur Modulqualität geben und entsprechende Empfehlungen aussprechen. 

Gemeinsam mit unseren Kund:innen legen wir für das Projekt einen Budgettopf fest, der den Zukauf etwaiger Drittanbietermodule abdecken soll, um auch diesen Punkt kalkulierbar zu machen. 

Hosting

Wird Odoo Enterprise ohne jegliche Zusatzmodule genutzt, ist das Hosting mittels "Odoo-Online" bereits in der Lizenz inkludiert. In den meisten Fällen empfiehlt sich jedoch eine Hosting-Variante, die die Installation von Zusatzmodulen und weitere Funktionen (wie Test-Server, Backup-Management etc.) zulässt.

Wir empfehlen in all unseren Projekten prinzipiell den Einsatz der für die Nutzung von Odoo optimierten Hosting-Variante "Odoo.sh" - eine Kostenübersicht finden Sie hier

Grundsätzlich sollte ein KMU, wie in unserem Beispiel, mit circa EUR 80-150 Hostingkosten pro Monat rechnen, wenn Odoo.sh als Hosting-Variante gewählt wird. Mehr über Odoo.sh erfahren Sie auch in unserem Blogbeitrag zu den Odoo-Hosting-Varianten.

Sonstige Hardware

Neben dem Hosting und damit verbundenen Serverkosten sind auch sonstige Hardwarekosten zu berücksichtigen, dazu zählen insbesondere:

  • IT-Infrastruktur
  • Drucker (klassische Drucker, Labeldrucker, Bondrucker)
  • PCs und mobile Endgeräte (z. B. Tablets zur Abwicklung von Lageraufträgen)
  • Barcode-Scanner
  • etc.

Sonstige Beratung

Die Umstellung eines ERP-Systems kann in verschiedenen Themenbereichen einen zusätzlichen Beratungsbedarf hervorrufen. Es ist ratsam, dass der Aufwand an externer Beratungsdienstleistung in folgenden Themenbereichen kalkuliert wird:

  • Rechtsberatung (z. B. Abbildung von AGB, Auftragsabwicklung)
  • Steuerberatung (insbesondere bei Integration via Schnittstelle)

Interne Kosten

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die Nominierung einer (oder mehrerer) internen Ansprechperson beim Auftraggeber ein kritischer Erfolgsfaktor in ERP-Projekten ist. Je mehr Know-How intern aufgebaut wird, desto besser kann das System an die internen Bedürfnisse flexibel angepasst werden und desto effizienter läuft die Kommunikation zwischen dem Implementierungsunternehmen und Kunden ab. 

Der zeitliche Aufwand dieser internen Ansprechperson ist mit 2-3 Personentagen internem Aufwand je externem Beratertag zu bewerten, um ein Projekt erfolgreich abzuschließen.

Ablösung des Altsystems

Wurde bereits ein ERP-System eingesetzt, muss auch die Abschaltung und Ablösung dieses Systems berücksichtigt werden. Zusätzlich ist zu beachten, dass eventuell Lizenzen weiterbezahlt werden müssen, um die rechtliche Aufzeichnungspflicht zu erfüllen (siehe Aufbewahrungsrichtlinien).

Wartung und Support

Prinzipiell gilt: "Je individueller die implementierte Lösung, desto höher der resultierende Wartungsaufwand". Die Wartung hängt dabei stark von Individualisierungsgrad und gewählter Hosting-Variante ab. 

Die Kosten für Wartung und Support entstehen durch Aufwände in folgenden Bereichen: 

  • Datenbank-Monitoring (Läuft die Datenbank wie sie soll? Gibt es unerkannte Fehler im System?)
  • User-Support
  • Bugfixing
  • Updates
  • Upgrades
  • Wartung von individuellem Code

Insbesondere die Wartung von individuellem Code, aber auch Betrieb und Wartung von Drittanbieter-Code stellen einen großen Kostenanteil dar. 

Die Praxis hat gezeigt, dass circa 25 - 35 % der initialen Entwicklungskosten jährlich für Wartung anfallen. 

Diese Wartungsleistung kann als eine Art "Versicherung" auch über Odoo bezogen werden. Odoo bepreist diesen Wartungsaufwand mit EUR 16,- je 100 Zeilen Individual-Code (mehr dazu hier). 

Optimierungsphase

Ein IT-System muss mit der Organisation mitwachsen und diese bestmöglich unterstützen. Aus diesem Grund sehen wir es als essenziell, dass das System permanent optimiert und an neue Herausforderungen des Unternehmens angepasst wird. 

Besonders wichtig sind dabei die Monate nach dem Go-Live, in denen eine Optimierung der Abläufe zu signifikanten Verbesserungen in der Nutzung führen kann. Wir gehen im Standardfall von einer Betriebsstabilisierungsphase von 6 Monaten nach dem Go-Live mit circa 3 Personentagen Aufwand je Monat für Optimierungen aus.

Conclusio

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass für eine ERP-Implementierung nicht nur Lizenzkosten (in diesem Fall von Odoo), sondern auch andere Kostenpositionen wie

  • Implementierung
  • Customizing
  • Hosting
  • Schulung

mitberücksichtigt werden müssen, um eine realistische Indikation zu erhalten. 

Unternehmen können diese externen Aufwände erheblich reduzieren indem internes Know-How, v. a. im Anwenderbereich, aufgebaut wird. Es empfiehlt sich jedoch eine gute Mischung aus interner Leistung und externer Beratung zu wählen. ERP-Implementierungsdienstleister wickeln mit ihrer Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten gewisse Punkt effizienter und schneller ab oder vermeiden typische Fehler präventiv, was wiederum zum Projekterfolg beiträgt.

Weiterführende Ressourcen:











Warum eine GAP-Analyse?
Wir setzen Implementierungsprojekte nur mit vorheriger GAP-Analyse um, weil wir auch nur mit offenen Augen und angelegtem Sicherheitsgurt Auto fahren. 😉